Dresden Hellerau…ein ganz besonderer Ort.
Heute präsentiere ich Euch den zweiten Teil meines Hellerau-Rundganges.
Der erste Spatenstich für die Gartenstadt Hellerau erfolgte am 01. April 1909. Wolf Dohrn, Generalsekretär von Karl Schmidt in den „Deutschen Werkstätten für Handwerkskunst“ von 1907 bis 1914 (tödlich verunglückt beim Skifahren), beschrieb die Vision, die hinter diesem Projekt stand, wie folgt:
„(D)ergestalt (…) soll die Gemeinde Hellerau entstehen-nicht als eine zufällige Anhäufung von Menschen und Häusern mit jenem Mindestmaß gemeinsamer Einrichtungen und Veranstaltungen, welches jedes menschliche Zusammenleben erzeugt. Es wird mehr erhofft. Die architektonisch geschlossene Anlage der Siedlung soll auch der Ausdruck einer neuen, besseren Zeit sein (….). Nicht durch Regeln und Vorschriften, nicht durch besondere Veranstaltungen, nicht als Treibhaus neuer Lebensideale, sondern ganz einfach durch die Tatsache seines Daseins und Wachstums, durch die stille Wirkung einer guten Architektur in einer schönen Landschaft, durch eine ruhige abgesonderte Lage mit bequemer Verbindung zur Stadt, ohne die doch keiner von uns modernen Menschen auskommen kann und mag…(…).
(entnommen aus „Gartenstadt Hellerau“, von Clemens Galonska und Frank Elstner)
1929/30 ließ der Architekt Rudolf Kolbe am Markt mehrstöckige Wohnhäuser mit Ladenlokalen errichten und legte somit den Grundstein für ein Geschäfts- und Kommunikationszentrum in Hellerau.
1934 entstand in Hellerau eine Musterhaussiedlung mit Holzhäusern aus der Produktion der „Deutschen Werkstätten für Handwerkskunst“. Wegen der maschinellen Vorfertigung wurden die Häuser auch als „Maschinenhäuser“ bezeichnet. Die Musterhaussiedlung war für ein halbes Jahr zur Besichtigung freigegeben, danach zogen Interessenten ein. Eines dieser Holzhäuser ist ausgestattet mit einer originalen Zepplin-Schlafkombüse aus den 30iger Jahren.
Nach dem Vorbild von Goethes Gartenhaus in Weimar konzipierte der Architekt Heinrich Tessenow 1910 zwei gleichartige zweigeschossige Einfamilienhäuser, welche durch ein niedriges Waschhaus mit zeltförmigem Dach symmetrisch miteinander verbunden sind. Die Putten am Eingang wurden durch Wolf Dohrns Ehefrau geschaffen (Wolf Dohrn war bis 1914 (Skiunfall) Generalsekretär der „Deutschen Werkstätten für Handwerkskunst“).
Das Festspielhaus der Gartenstadt habe ich nicht abgelichtet, entstanden ist es 1911. Auftrags- und Ideengeber war der Schweizer Musikpädagoge und Komponist Émile Jaques-Dalcroze. Wer wissen möchte, wie das Gebäude aussieht, kann HIER nachschauen. Ich habe leider eine Aversion gegen solche Art der Architektur, erinnert mich an Hitlers Zeiten, der diese Art von Gebäuden leider missbraucht hat.1911 gründete und leitete Jaques-Dalcroze zusammen mit Wolf Dohrn in Hellerau die „Bildungsanstalt für Musik und Rhythmus“. In Zusammenarbeit mit Gret Palucca und Mary Wigman wurde Hellerau so ein Zentrum für den modernen Ausdruckstanz. Bis 1914 versammelten sich im Festspielhaus der Gartenstadt zu den jährlichen Festspielen viele bekannte Vertreter der europäischen Kulturelite, u. a. Emil Nolde, Christian Morgenstern, Hermann Hesse, Thomas Mann, George Bernard Shaw, Franz Kafka, Oskar Kokoschka, Henry van de Velde, Djagilew und Stefan Zweig sowie der US-amerikanische sozialkritische Schriftsteller Upton Sinclair. Nach 1914 zogen verschiedene Schulen und Ausbildungsstätten in das Festspielhaus. Zwischen 1921 und 1923 unterrichtete im Festspielhaus z. B. der schottische Reformpädagoge Alexander Sutherland Neill. 1935 verkaufte Harald Dohrn, de Bruder von Wolf Dohrn, das Festspielhaus an den Staat. Ab 1939 war im Festspielhaus eine Polizeischule untergebracht, später übernahm die SS die Anlage. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges nutzte die Rote Armee das Gebäude und die Nebengebäude als Lazarett, Sporthalle sowie als Kaserne. 1994 begann man, den durch Zweckentfremdung verursachten ruinösen Zustand des Gebäudes zu sanieren und zu restaurieren. Zwölf Jahre nach Beginn der Sanierung konnte das Gebäude im Herbst 2006 wieder in Betrieb genommen werden und ist heute Sitz von „HELLERAU – Europäisches Zentrum der Künste Dresden“. Seit 2009 wird das Festspielhaus ganzjährig spartenübergreifend mit zeitgenössischer Kunst bespielt (Quelle Wikipedia).
Wer mehr über diese beeindruckend Gartenstadt wissen möchte, dem empfehle ich zwei Bücher:
Gartenstadt Hellerau von Clemens Galonska (Autor) und Frank Elstner (Fotograf), ISBN-10: 3938305045, ISBN-13: 978-3938305041
Gartenstadt Hellerau, Architekturführer von
ISBN-10: 3421037000, ISBN-13: 978-3421037008 (derzeit leider vergriffen).Clemens Galonska, gebürtiger Düsseldorfer, lebt selbst seit vielen Jahren in dieser Gartenstadt und bietet sehr informative Führungen an. Sehr, sehr empfehlenswert…Nähere Angaben z. B. HIER.
HIER findet Ihr den ersten Teil meines Rundganges durch die Gartenstadt Hellerau.
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