Heutzutage geht es immer seltener um Fakten, sondern vor allem um Meinungen und Haltung. Um die richtigen Meinungen zu verbreiten, findet sich im Internet mittlerweile ein gigantisches Netzwerk aus Webseiten, auf denen Stiftungen, Vereine, Medienplattformen und private Blogger ihre Agenda präsentieren. Sie leben vor allem durch Spenden, wobei die Großspender an einer Hand abzuzählen sind. Seitdem es das Internet mit seinen Social-Media-Plattformen gibt, schreitet eine Spaltung der Gesellschaft voran, die beispiellos ist.
Anhand des bestens in den Medien bekannten Eckart von Hirschhausen und seiner neusten Aufgabe, der er sich verschrieben hat, nämlich dem Kampf gegen den Klimawandel, habe ich mal recherchiert, wie Meinungen gebildet werden und wie das eine mit dem anderen zusammenhängt.
Sinnlos, Fehler im System beheben zu wollen, wenn das System der Fehler ist.
Stefan Rogal
Herr von Hirschhausen geht mit der Zeit.
Geht es in den Öffentlich-Rechtlichen um Fragen rund um die Gesundheit und Krankheit, dann ist und war Eckart von Hirschhausen häufig präsent. So diskutierte er zum Beispiel 2020/2021 in „Hirschhausens Sprechstunde“ mit Gästen über ihre Erkrankungen.
Eckart von Hirschhausen studierte bis 1992 Medizin und promovierte 1994 an der Heidelberger Universität. Im gleichen Jahr startete er ein Aufbaustudium zum Wissenschaftsjournalisten. 1997 begann seine Karriere als Fernsehmoderator. Von 2001 bis 2017 trat er in verschiedenen Bühnenprogrammen als Kabarettist auf.
Eckhart von Hirschhausen ist wissenschaftlicher Beirat des Online-Magazin „MedWatch“, welches sich zur Aufgabe gemacht hat, unseriöse Berichterstattungen und Werbungen zu medizinischen Themen aufzudecken. Finanziell unterstützt wurde die Gründung des Online-Magazins vom Verein „Netzwerk Recherche“.
Im März 2020 gründete Herr von Hirschhausen die Stiftung „Gesunde Erde. Gesunde Menschen“, die vor allem gefördert wird durch die Bill & Melinda Gates Foundation und der Stiftung Mercator.
Wenn man sich der Recherche verschreibt und diese schuldig bleibt.
Ich habe mir die Mühe gemacht, das Online-Magazin „MedWatch“ etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Gerade die letzten drei Jahre der Corona-Zeit waren geprägt von medizinischen Berichterstattungen über SARS-CoV2 und die Corona-Impfungen. Wenn man nun aber unseriöse medizinische Aussagen widerlegen möchte, sollte man dafür wissenschaftlich fundierte Studien nutzen.
Verschwörungstheorien
In einem Artikel, der sich mit Verschwörungstheorien über eine erhöhte Fehlgeburtenrate bei geimpften Schwangeren beschäftigt, wird eine USA-weite Studie von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern erwähnt, die belegt, dass eine Impfung in der Schwangerschaft sicher ist. Es findet sich jedoch nirgendwo ein Link, der zu dieser Studie führt.
In einem weiteren Artikel geht es um Verschwörungsmythen und was dagegen hilft. Der Leser allerdings wird sehr schnell im Regen stehen gelassen, weil die am 11.08.2021 stattgefundene ZOOM-Veranstaltung nirgends verlinkt ist.
Wirksamkeit von Masken
In einer Ausgabe vom 10.02.2023 beschäftigt man sich mit der Wirksamkeit von Masken und zieht am Ende das Fazit: Für eine Aussage zum Maskentragen ist es – vor allem im Bezug auf SARS-CoV-2 – schlichtweg zu früh. Gleichzeitig verweist man auf einen Artikel von 2020, geschrieben von der Journalistin Nicola Kurth, der auf vielfältige Weise versucht, Masken-Kritiker zu widerlegen.
In dem Artikel von 2020 wird zum Beweis der positiven Wirkung des Maskentragens auf Frau Prof. Trish Greenhalgh und ihren Artikel über die Wirksamkeit von Masken in Zusammenhang mit COVID-19 hingewiesen. Dort steht (übersetzt) allerdings Folgendes.: „Die Evidenzbasis zur Wirksamkeit und Akzeptanz der verschiedenen Arten von Gesichtsmasken zur Vorbeugung von Atemwegsinfektionen bei Epidemien ist dürftig und umstritten.“ Im weiteren Kontext führt Frau Greenhalgh aus, dass es aus ihrer Sicht vor allem moralische Gründe für das Tragen einer Maske gibt, gesicherte Beweise für die Wirksamkeit bleibt sie schuldig, mögliche Risiken werden heruntergespielt.
Frau Kurth weist weiterhin auf eine große Meta-Analyse im Auftrag der WHO hin, in der ein kanadisches Forscherteam mehr als 200 Studien auswertete und zu dem Schluß kommt, dass Masken das relative Risiko, sich mit dem neuartigen Coronavirus zu infizieren, um etwa 80 Prozent senken. Einen Link zu dieser Studie bleibt sie allerdings schuldig.
In einem weiteren Artikel, den Nicola Kurth verlinkt, wird ausgeführt, dass Masken in erster Linie zum Abstandhalten und sozialer Distanzierung nützlich sind, es wird zur Verstärkung des Effektes noch zum Tragen von Schutzbrillen angeregt. Das entbehrt nicht einer gewissen Komik.
Am Ende versucht die Autorin noch zu widerlegen, dass der durch das Tragen von Masken verursachte erhöhte CO2 Gehalt eine negative Auswirkung auf den Träger hat, doch da scheint sie die Doktorarbeit von Ulrike Butz aus dem Jahr 2004 nicht richtig gelesen zu haben: Zitat: „Da Hyperkapnie verschiedene Hirnfunktionen einschränken kann, soll diese Studie Hersteller von chirurgischen Operationsmasken aufrufen, Filtermaterialien mit höherer Permeabilität für Kohlendioxid zu verwenden. Dies sollte dazu führen, dass eine verminderte Akkumulation und Rückatmung von Kohlendioxid bei medizinischem Fachpersonal gewährleistet wird. Solange muss der Einsatzbereich der OP-Masken kritisch diskutiert und definiert werden, um unnötige Tragezeiten zu vermeiden.“
Frau Nicola Kurth, Chefredakteurin von MedWatch, erhielt übrigens 2018 den Netzwende-Award und den Emotion-Award in der Kategorie „Soziale Werte“. Interessant ist, dass es zwar auf MedWatch eine Menge Artikel gibt, die sich kritisch mit Nahrungsergänzungsmitteln und alternativer Medizin auseinandersetzen, man aber nicht einen kritischen Beitrag findet, der die Impfnebenwirkungen der Corona-Impfstoffe unter die Lupe nimmt.
Stiftung Mercator und die globale Führungsrolle der EU beim Klimaschutz.
Auf der Webseite der Stiftung Mercator findet man eine Übersicht der Aufgaben, auf die sich die Stiftung in den nächsten Jahren fokussieren möchte. Dazu zählen die Themen: die Digitalisierung der Gesellschaft, Europa in der Welt, Klimaschutz sowie Teilhabe und Zusammenhalt. Die Stiftung Mercator möchte sich u. a. dafür einsetzen, dass Deutschland und die EU beim Klimaschutz eine globale Führungsrolle übernehmen.
Ein paar Klicks weiter findet man Aussagen wie: „Wir wollen, dass Klimaschutz in jedem Politikfeld entscheidungsrelevant ist.“ oder „Wir wollen die Akzeptanz von Diversität und Vielfalt stärken und zu einem stärkeren gesellschaftlichen Zusammenhalt beitragen.“ Im Kleingedruckten findet man dann noch folgende Aussage: „Die fundamental unterschiedlichen Rollen von Wissenschaft und Politik erkennen wir dabei an: Weder hat das wissenschaftlich Richtige Anspruch auf politische Durchsetzung, noch erwirbt das politisch Durchgesetzte Anspruch auf wissenschaftliche Richtigkeit.“ Diese Aussage muss man dann erst mal sacken lassen.
Stiftung „Gesunde Erde. Gesunde Menschen“.
Im März 2020 gründete Eckhart von Hirschhausen die Stiftung „Gesunde Erde. Gesunde Menschen.„ Das Ziel der Stiftung ist nach eigenen Angaben eine Klimakommunikation, die Menschen erreicht, berührt und ins Handeln bringt. Man führt u. a. aus, dass durch die Klimakrise das Risiko von Zoonosen steige, weil Tiere dazu gezwungen würden, sich aus heimischen Gebieten zurückzuziehen. Diese führe wiederum dazu, (Zitat:) „dass ganz verschiedene Tiere aufeinandertreffen, die es sonst nicht täten…Der Verlust von Lebensraum zwingt Tiere dazu, zu wandern und möglicherweise mit anderen Tieren oder Menschen in Kontakt zu kommen und Keime auszutauschen.“
Diese Begründung ist ein wenig irritierend. Nun stammt der Mensch bekanntlich vom Affen ab. Schon seit Jahrhunderten bereist der Mensch die Welt, auch schon zu einer Zeit, als der Begriff „Klimakrise“ noch gar nicht existierte. Zoonosen gab es schon immer, sie werden lediglich durch moderne Methoden der Fortbewegung schneller in der Welt verbreitet. Mit einem Klimawandel hat das zunächst nicht viel zu tun.
Ist man trotzdem begeistert von den Zielen und Aufgaben der Stiftung und möchte sich ehrenamtlich einbringen, dann liest man einige Zeilen später, dass es derzeit keine Möglichkeiten gibt, dieses zu tun. Stattdessen wird man auf Institutionen und Unternehmen hingewiesen wie KlimaDocs, das for-future-Bündnis oder Klimafakten.de.
„Jeder Mensch hat ein Recht auf seine eigene Meinung, aber nicht auf seine eigenen Fakten.“
Das Zitat stammt von Daniel Patrick Moynihan (1927-2003), einem amerikanischem Soziologen und US-Senator für den Staat New York. Zu finden ist dieses Zitat auf der Seite von klimafakten.de.
Wer im Besitz der „richtigen“ Fakten ist, führt klimafakten.de in diesem Artikel aus: „Fakten, Fakten, Fakten: Acht Stellen im Netz, die Nachrichten checken und Desinformation kontern“. Unter den angeführten Stellen im Netz finden sich auch die Plattformen Mimikama und Volksverpetzer, zwei Webseiten, die sich in der Vergangenheit vor allem durch Polemik und Pseudowissenschaft hervorgetan haben.
Mimikama
Schauen wir uns die österreichische Plattform Mimikama näher an, die sich zum Ziel gesetzt hat, aufzuklären gegen Internetmissbrauch. Gegründet wurde der Verein durch Tom Wannenmacher, über dessen berufliche Ausbildung und Laufbahn man jedoch im Netz nicht viel findet, außer, dass er 2016 zusammen mit Andre Wolf ein Buch herausbrachte. Andre Wolf, einer seiner Autoren, studierte evangelische Theologie, beendete dieses Studium jedoch nicht. Interessant ist, dass er während der COVID-19-Pandemie Berater im Digitalen Krisenstab des Österreichischen Bundeskanzleramtes war, der gegründet wurde, um Gerüchten, unbestätigten Meldungen und bewusst gestreuten Falschinformationen entgegenzutreten. Welche Qualifikationen ihn dazu genau befähigten, bleibt ein Geheimnis. Weitere Autoren sind Nick L. und Claudia Spiess, über die gar nichts bekannt ist. Die Faktenchecks bestehen häufig in einer Auflistung von Behauptungen in die Kategorien RICHTIG/FALSCH, ohne durch geeignete Quellen (wissenschaftliche Studien) diese Einteilung im Einzelnen zu untermauern. Einen Großteil der aus dem Netz angeführten Beispiele würden die meisten Menschen sowieso nicht für wahr halten, in diesen Fällen wirkt der Fakten-Check recht aufgesetzt. Zur Bestätigung der eigenen Sichtweise verweist man dann noch häufig auf eine Verlinkung, deren Wahrheitsgehalt dann auch erst einmal überprüft werden müsste.
Volksverpetzer
Der Blog Volksverpetzer wurde 2014 von Thomas Laschyk gegründet. Wer oder was Herr Laschyk genau ist, woher er kommt und welchen beruflichen Werdegang er besitzt, ist nicht bekannt. Die etwa 20 Mitarbeiter sollen nach eigenen Angaben überwiegend ehrenamtlich für die Plattform tätig sein. Der Volksverpetzer gibt an, nicht „neutral“ zu sein, sondern bekämpfe Falschmeldungen [Anmerkung: …oder das, was er dafür hält]. Die Artikel sind häufig reißerisch und emotional formuliert, führen zu Spaltung oder gar zur Hetze. So stellen sie z. B. folgende Behauptung auf (Zitat): „Die EU lässt sogar Geflüchtete im Mittelmeer ertrinken und lässt sie in der Sahara aussetzen aus Angst vor der AfD.“ Diese beiden Behauptungen werden aber durch die entsprechenden Verlinkungen durch nichts belegt.
Falschbehauptungen und hetzerische Artikel hielten die Juroren offensichtlich nicht davon ab, 2020 dem Volksverpetzer als „Blogger des Jahres 2019″ den Preis „Goldener Blogger“ zu verleihen. 2020 gewann der Blog in der Kategorie „Mut“ sogar den Augsburger Medienpreis: Das Augsburger Team vom Blog „Volksverpetzer“ um Thomas Laschyk, so der Laudator Christoph Zirngibl, stelle sich täglich dieser schier unlösbaren Aufgabe, zu einer ausgewogeneren Meinungsbildung beizutragen und die Ausbreitung von Verschwörungstheorien, Fake News und populistischen Mythen einzudämmen. Er betonte dabei ganz besonders die fundamental wichtigen Quellenverweise, mit denen die Artikel unterlegt sind. Darüber darf sich gern jeder selbst sein Urteil bilden.
Schirmherr von KlimaDocs e.V.
Bekanntermaßen studierte Eckart von Hirschhausen Medizin, ist aber schon seit Jahrzehnten nicht mehr in der Praxis tätig, sondern u. a. in der Lehre und Forschung. Seit einigen Jahren hat sich Herr von Hirschhausen dem Thema „Kampf gegen den Klimawandel“ verschrieben. Bereits 2019 postulierte er, dass das wichtigste Ziel für Ärzte sei, gegen die Erderwärmung vorzugehen. Als Schirmherr des KlimaDocs e.V. warnt er vor menschengemachtem Klimawandel, Hitzewellen und Artensterben und führt die zunehmenden Fälle von Atemwegs-, Stoffwechsel-, Infektions- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Allergien und psychische Krankheiten auf den Klimawandel zurück.
Nun gilt in der Medizin im Allgemeinen der Grundsatz, Ursachen von Krankheiten von allen Seiten zu beleuchten. Oft ist eine chronische Erkrankung multifaktoriell bedingt (Lebensweise, Lebensumstände, Umwelt, Genetik, manchmal auch iatrogen (!)) und nicht immer ist eine Ursache zu 100% zu beweisen. Therapieansätze sollten deshalb vielfältig sein. Unbestritten ist, dass man durch gesunde Ernährung, viel Bewegung, Verzicht auf Alkohol, Drogen und Nikotin, Psychohygiene, Umweltschutz uvm. Krankheiten verhindern kann. Wie genau jedoch z. B. gesunde Ernährung oder sinnvoller Umweltschutz definiert wird, darüber streiten sich die Gelehrten schon seit Jahrhunderten. Gefährlich wird es, wenn Wissenschaft und Lehre dogmatisch alles als „in Stein gemeißelt“ präsentiert. Ganz gefährlich wird es, wenn das Denken und Handeln von Wissenschaftlern und Ärzten religiöse Züge annimmt.
Wissenschaft und Lehre sollte immer begleitet werden von einem sachlichen und partnerschaftlichen Diskurs. Da dürfen Thesen und wissenschaftliche Standpunkte infrage gestellt werden, ohne dass es zu Ausgrenzungen Einzelner kommt. Nur so kommt man gesicherten Erkenntnissen ein kleines Stück näher. Wissenschaft und Lehre sollte unabhängig von wirtschaftlichen Zielen erfolgen, doch mittlerweile sieht man vor allem in der Medizin eine sehr breite Verflechtung mit Interessen von Pharmakonzernen, aber auch mit vielfältigen Zweigen anderer Industrien. Unter dem Deckmantel „Klimakrise“ und Klimaschutz“ lässt sich eine Menge Geld verdienen.
Das wichtigste Ziel für Ärzte heutzutage ist aus meiner Sicht nicht der Kampf gegen die Erderwärmung, sondern der Kampf gegen Korruption.
Schreibe einen Kommentar